Mehr Transparenz und Beteiligungsrechte im Rundfunk

ARD-Freienkongress fordert Reformen und mehr Beteiligung der Mitarbeitenden

Die Interessenvertretungen für die freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den ARD-Sendern und im Deutschlandradio fordern im Zug der Reformen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk mehr Transparenz und starke Beteiligungsrechte für die rund 18.000 freien Beschäftigten. Auf dem siebten ARD-Freienkongress waren an den beiden Kongresstagen am 13. und 14. Oktober insgesamt knapp 250 Teilnehmende im WDR Funkhaus in Köln zusammengekommen, um die Auswirkungen der ARD-Reformen auf die Lage der Freien und ihre Forderungen an die Politik sowie die Leitungen der Sender zu diskutieren.

Stefan Tiyavorabun (SWR), ein Sprecher des ARD-Freienrats, warnte in der Podiumsdiskussion „Rundfunk am Limit – Wird die vierte Gewalt überflüssig?“ vor einer weiteren Schwächung des öffentlich-rechtlichen Systems. Die zunehmende Dominanz von Internetplattformen ohne unabhängige Recherche und mit eigenen Interessen gefährde die demokratische Meinungsbildung, umso mehr, als der Qualitätsjournalismus im Printbereich unter starken Druck geraten sei. Er forderte alle demokratischen Parteien dazu auf, ohne Wenn und Aber für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als zentrale Säule der Demokratie einzustehen, auch wenn es erheblichen Verbesserungsbedarf gebe. Durch den jahrelangen Spardruck arbeiteten viele freie Journalistinnen und Journalisten bereits am Rand der Überlastung. Die Anforderungen an die Mitarbeitenden, die immer mehr Ausspielwege bedienen, dafür immer weniger Zeit hätten und zugleich Honorarkürzungen hinnehmen müssten, hätten sich erheblich erhöht, berichtete WDR-Personalrätin Anja Arp. „Wir sind zu einer Art eierlegenden Wollmilchsau geworden.“

Dass im Angebot der Sender bereits Qualität verloren gegangen sei, konstatierte Florian Braun, CDU-Medienpolitiker und WDR-Rundfunkrat, insbesondere mit Blick auf Social-Media-Angebote. Man habe anfangs nicht auf geschulte Journalisten gesetzt, sondern auch Leute von außen geholt, die nicht mit den Qualitätsanforderungen öffentlich-rechtlicher Sender vertraut gewesen seien.

Die stellvertretende Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen, Mona Neubaur (Grüne), sprach sich uneingeschränkt für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk aus, plädierte aber zugleich für eine technologische Modernisierung der öffentlich-rechtlichen Angebote, insbesondere der Mediatheken. Die Arbeit der unabhängigen Journalist:innen müsse bei den Bürger:innen ankommen. Sie erwarte von den Sendern saubere Recherche, Transparenz, technologische Exzellenz „und die aktive Suche nach Öffentlichkeiten, die nicht die klassischen Öffentlichkeiten sind“. 

WDR-Programmdirektor Jörg Schönenborn sprach von zwei Kernfragen der Zukunft für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Einerseits sorge der Aufstieg der Plattformen für eine „Entregionalisierung“, andererseits müssten Landessender wie der WDR die regionalen Lebensräume im Blick behalten. „Wir sind in der täglichen Abwägung – und brauchen eine finanzielle Grundlage.“ Zwischen den Investitionen in Mediatheken und dem linearen Angebot gebe eine starke Ressourcenkonkurrenz.

Der Vorsitzende des Deutschen Journalistenverbands (DJV), Frank Überall, forderte die Politik auf, die Weiterentwicklung und den Bestand der Sender sicherzustellen. „Wenn die KEF eine Erhöhung empfehlen sollte, warne ich davor, Öl ins Feuer zu gießen und ein Wahlkampfthema daraus zu machen.“ Ein von mehreren Ministerpräsidenten geforderter Verzicht auf eine Beitragserhöhung sei ein Verfassungsverstoß.

Eine Modernisierung von veralteten Tarifverträgen hatte bereits am Freitag WDR-Verwaltungsdirektorin Katrin Vernau angemahnt. Derzeit werde beim WDR über einen neuen Honorarrahmen für Freie verhandelt. Wie wichtig faire Honorare seien, habe sie bei ihrem einjährigen Einsatz als Interimsintendantin des Rundfunk Berlin Brandenburg (RBB) erlebt. Sie habe dort eine Situation vorgefunden, in der die damalige Geschäftsleitung den Programm-Mitarbeitenden die Angleichung ihrer Honorare auf das Niveau der angestellten Kolleginnen und Kollegen zwar tarifvertraglich zugesichert, danach aber nicht finanziell unterlegt habe. Die große Unzufriedenheit der Betroffenen sei nachvollziehbar.

Christoph Reinhardt, Vorsitzender der RBB-Freienvertretung, forderte, den fehlenden Kündigungsschutz und gesetzliche Arbeitszeitregelungen für arbeitnehmerähnliche Freie durch tarifliche Regelungen zu kompensieren. Dabei müssten die ARD-Sender voneinander lernen und Best-Practice-Regelungen bundesweit ausrollen. Beispielhaft sei etwa der Bestandsschutz-Tarifvertrag des Südwestrundfunks (SWR), der dort einem Großteil der Freien ein vergleichbares Maß von sozialer Sicherheit verschaffe wie Angestellten.

Die stellvertretende Vorsitzende des WDR-Personalrats und Kongressmoderatorin, Stephanie Hajdamowicz, (ARD-Freienrat) berichtete von der Arbeit in der gesetzlichen Personalvertretung und forderte, dass feste Freie in allen ARD-Sendern durch die Personalräte vertreten sein müssen. Sie lobte die 2021 erfolgte Novellierung des Bundespersonalvertretungsgesetzes, das in der Regelung für die Deutsche Welle auch arbeitnehmerähnliche Beschäftigte in den Geltungsbereich aufnimmt. „In der Folge gibt es inzwischen nicht nur Freie im Personalrat der Deutschen Welle, sondern in der Folge auch beim Norddeutschen Rundfunk und ab dem kommenden Jahr voraussichtlich auch beim RBB. Wir gehen davon aus, dass die Änderung auch für die Freien des Deutschlandradios durchschlägt und fordern, dass endlich auch die MDR-Länder und Bayern den Weg freimachen.“

Neben den tarifpolitischen Diskussionen und Fachgesprächen über Arbeitsrecht beschäftigte sich der Freienkongress in mehreren Panels u.a. mit neuen Entwicklungen wie dem Einfluss von KI-gestützter Technik für den Rundfunk und den Chancen für gemeinnützige Finanzierung von freier journalistischer Arbeit. Mit dem Preis des ARD-Freienrats „Das dicke Brett“ würdigte der Freienkongress in diesem Jahr den wöchentlich erscheinenden Newsletter der rbb-Freienvertretung. „Der Newsletter erscheint inzwischen seit über fünf Jahren zuverlässig mit ungewöhnlich hoher Taktung und ist ein gelungenes Beispiel, dass die Kombination aus geschriebenem Wort, Transparenz und Beharrlichkeit auch Interessenvertretungen mit wenig formaler Macht echten Einfluss verschaffen kann“, so der Vorstand des ARD-Freienrats. Lobend erwähnt wurde auch die Mailingliste der Freien im Deutschlandradio und das umfangreiche Angebot an Freien-Sprechstunden des WDR-Personalrats. Nach zwei zuvor durch Corona bedingten Online-Kongressen planen die Freien von ARD, ZDF und Deutschlandradio ihre Kongressreihe in etwa jährlichem Abstand in Präsenz fortzusetzen.

für den ARD-Freienrat: der Vorstand

Ansprechpartner:
Stefan Tiyavorabun stefan.tiyavorabun[ät]swr.de
Stephanie Hajdamowicz stephanie.hajdamowicz[ät]fm.wdr.de
Christoph Reinhardt christoph.reinhardt[ät]rbb-online.de

Podium 2: Rundfunk am Limit – Wird die vierte Gewalt überflüssig?

Mit Anja Arp, ARD-Freienrat 
Florian Braun CDU, Landtag NRW, Ausschuss Kultur/Medien 
Maria Exner, PUBLIX
Mona Neubaur, Bündnis 90/Die Grünen, Stv. Ministerpräsidentin NRW
Jörg Schönenborn, WDR-Programmdirektor Information, Fiktion und Unterhaltung 
Prof. Dr. Frank Überall, DJV-Vorsitzender
Moderation Stefan Tiyavorabun 

Radio, Fernsehen, Online in hoher Qualität zum Schnäppchenpreis? Zu dieser Fragestellung gab es am Samstag, 14.10., am  Nachmittag noch einmal eine spannende Podiumsdiskussion.  Zunächst wurde über die Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks diskutiert. Alle Diskussionsteilnehmer waren sich einig, dass die Legitimationsdebatte eigentlich überflüssig ist, da die öffentlich-rechtlichen Programme eine sehr wichtige Bedeutung für die Gesellschaft und letztlich auch für unsere Demokratie haben. Es wurden Vergleiche zu anderen Staaten gezogen, wo das deutsche Modell viele Bewunderer hat.

Copyright: WDR/Taimas Ahangari

Nächster Schwerpunkt der Diskussion waren die Zukunftsaufgaben. Hier wurde thematisiert, wie sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk entwickeln muss, um auch in Zukunft seine Aufgaben gut zu erfüllen. Hier äußerten die Diskussionsteilnehmer verschiedene Wünsche von mehr Vielfalt in der Berichterstattung  bis zum Ausbau des Digitalen und der Mediathek. Weiterhin wurde gefordert, dass es keine Selbstzensur geben dürfe und man sich nicht durch Shitstorms einschüchtern lassen soll.  

Beim Thema Geld gingen die Meinungen  auseinander. Bei der Diskussion über die Finanzierung wurde deutlich, dass es in den kommenden Jahren vermutlich nicht zu einer Erhöhung der Beiträge kommen wird, obwohl die Inflation nach wie vor relativ hoch ist. Während die Einen anmahnten, dass sich die Sender darauf einstellen müssten, da eine deutliche Erhöhung der Beiträge kaum vermittelbar sei, drängten andere darauf, mit mehr Selbstbewusstsein eine Anpassung der Beiträge in Richtung Inflationsausgleich zu verlangen.

Copyright: WDR/Taimas Ahangari

Zum Schluss der spannenden Diskussionsrunde  ging es noch einmal um die Glaubwürdigkeit der öffenlich-rechtlichen Sender und wie man am besten einem möglichen Vertrauensverlust vorbeugt. Dabei wurde aber auch betont, dass die Akzeptanz vielerorts weit höher ist als oft befürchtet. Dazu gab es auch ein paar Beispiele, die aus dem Publikum beigesteuert wurden.  Fazit: Eine packende Diskussion, die vor allem da spannend wurde, wo es um die Frage der künftigen Finanzierung und der damit verbundenen Auswirkungen ging.

Text: Agnese Franceschini  Johannes Höflich

Dickes Brett für den RBB

„Wir fühlen uns, als hätten wir die Champions League gewonnen“, strahlte Christoph Hölscher und riss das „dicke Brett“ Richtung Hallendecke im Foyer des WDR-Funkhauses. Diesen Wanderpreis – ein Holzbrett mit Lack und Rinde – hatte soeben die Freienberatung des RBB gewonnen – zum Abschluss des ARD-Freienkongresses in Köln.

Das dicke Brett

Geehrt wurde die Freienvertretung beim Rundfunk Berlin Brandenburg für ihren Newsletter, den sie seit fünf Jahren Woche für Woche produziert und verteilt. „Inzwischen“, so erklärte Stefan Tiyavorabun aus der Jury des ARD-Freienrates, „haben sich die Infoschriften so etabliert, dass sie auch von der Geschäftsleitung abonniert werden – und gefürchtet sind.“

Bestes Beispiel: Bei den jüngsten Tarifverhandlungen versuchte der RBB, eine Kappungsgrenze für Honorarerhöhungen so zu verändern, dass Erhöhungen bei vielen freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht angekommen wären. „Wir haben im Newsletter darüber berichtet“, erzählte Mit-Preisträgerin Dagmar Bednarek, „und dann ging ein solcher Shitstorm los, dass der Sender bei den Verhandlungen eingebrochen ist. So konnten Einsparungen von rund 400.000 Euro zu Lasten der Freien nicht umgesetzt werden.“

Das überzeugte die Jury des ARD-Freienrates. Die anderen Nominierten – der Personalrat des WDR für sein regelmäßiges Beratungsangebot an die Freien und die Freienberatung des Deutschlandradios für ihre Mailingliste – gingen leer aus, hatten aber vollstes Verständnis für die Entscheidung der Jury.

Autor: Uwe Dietz, WDR

Panel F: Leere Kassen – blanke Nerven

Expertin: Marika Kavouras, verdi im rbb
Moderation: Anja Arp/Manfred Kloiber

Am Samstag, 14.10., ging es im kleinen Sendesaal hoch her. Zahlreiche Freie aus verschiedenen Sendern diskutierten, wie man ständig sinkende Honorare verhindern kann und schilderten dabei, welche Erfahrungen sie in den vergangenen Jahren gemacht haben.

Anja schilderte die Situation im WDR, wo gerade Verhandlungen über einen neuen Honorarrahmen stattfinden. Die Gewerkschaften haben hier den Eindruck, dass das Honorarniveau am Ende in vielen Fällen weiter gesenkt wird. Die Rede ist von Kürzungen bis zu 30 %. Anja berichtete, dass sich viele Freie dagegen wehren und hofft, dass sich der Widerstand auszahlt. Beeindruckt war sie von den Protesten, die in den Landesstudios stattfanden. Dazu gab es eine Diskussion mit reger Beteiligung.

Copyright: WDR/Taimas Ahangari

Manfred Kloiber vom Deutschlandradio schilderte die Problematik der Werkverträge beim Deutschlandradio und erklärte das dortige Honorarsystem mit all seinen Tücken und Fallstricken. In der anschließenden Diskussion wurde deutlich, dass es auch beim Deutschlandfunk große Probleme mit sinkenden Honoraren gibt, die letztlich auch durch die Digitalisierung verstärkt werden.

Marika vom rbb schilderte eindringlich die Situation der Freien beim rbb, die durch den rbb-Skandal in Teilen Bundesweit bekannt wurde. Sie erklärte das dortige Honorarsystem und stellte eindringlich dar, wie schlecht es vielen Freien dort geht. Auch beim rbb zeigt die Honorarkurve steil nach unten.  Besonders intensiv wurde über die Streikaktionen beim rbb diskutiert und die Frage aufgeworfen, ob der rbb in dieser Hinsicht zum Vorbild werden kann.

“Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt”, brachte Manfred Kloiber abschließend die Stimmungslage auf den Punkt. Alle waren sich einig, dass sich die Freien der verschiedenen Sender künftig besser über die Honorarhöhen und Arbeitsbedingungen austauschen sollen.  Am Ende fanden alle, dass die Veranstaltung ebenso erfolgreich wie wichtig war. So kann es weiter gehen.

Text: Agnese Franceschini und Johannes Höflich 

Panel B: Frei, alt und arm?

Die ARD ist ein einziger Moloch, jedenfalls, wenn es um die Themen Kranken-/Rentenversicherung und Pensionskasse geht. Es gibt so gut wie keine allgemeingültigen Regeln. Jede Anstalt geht anders vor, jede Personalabteilung bezieht sich auf andere Tarifverträge. Statusfragen und Beschäftigungsverhältnisse sind überall unterschiedlich. Das war das Ergebnis einer 90minütigen Diskussion, die Moderatorin Anja Arp so zusammenfasste: „Bei allen Fragen rund um Versicherung und Altersvorsorge gilt: Gut buchführen, alles genau kontrollieren und so oft nachfragen wie es geht.“

Über 30 Kolleginnen und Kollegen beteiligten sich im Panel B an der Debatte zum Thema „Frei, alt und arm?“ Von Beginn an war klar: Die Freien in den öffentlich-rechtlichen Anstalten machen sich große Sorgen, wenn sie daran denken, dass sie älter werden und auf Zahlungen der Versorgungskassen angewiesen sind. Denn egal, ob sie als Selbständige über die Künstlersozialkasse oder als abhängig Beschäftigte über die Sender in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen – allein auf diese Rente zu bauen, bedeutet für Freie den ziemlich sicheren Gang in die Altersarmut.

Anja Arp, Iris Gebing 
Copyright: WDR/Taimas Ahangari
Copyright: WDR/Taimas Ahangari

Frühzeitig sollten junge Kolleginnen und Kollegen sich deshalb der Zusatzversorgung der Pensionskasse für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten anschließen. Die Sender zahlen auf jedes Honorar einen Zuschuss von 4 Prozent. Jeder kann dann entscheiden, ob er weitere 4 oder weitere 7 Prozent, also insgesamt 8 oder 11 Prozent an die Pensionskasse abführt. „Sobald man 62 Jahre alt ist“, erklärte Iris Gebing von der Pensionskasse, „kann man dann entscheiden, ob das Kapital sofort oder jederzeit bis spätestens zum 70. Lebensjahr als Rente ausgezahlt wird oder auch als Komplettsumme.“ Was für den Einzelnen die beste Lösung sei, so die Expertin, müsse jeder für sich selbst entscheiden. „Die beste Beratung dazu gibt es an unserem Servicetelefon unter der Rufnummer 069-1554100.“

Eine besondere Bedeutung bei der Rentenberechnung kommt auch der Kontenklärung bei der Deutschen Rentenversicherung zu. Regelmäßig schickt die Versicherung ihren freiberuflich tätigen Mitgliedern eine Übersicht über die gezahlten Beiträge. Darin werden nicht nur die zu erwartenden Rentenhöhen mitgeteilt. Es wird auch aufgelistet, in welchen Zeiträumen jemand gearbeitet hat. „Oft passieren aber Übertragungsfehler zwischen Sender und Rentenkasse“, erzählte eine Kollegin vom ZDF aus eigener leidvoller Erfahrung. „Ich war froh, dass ich die uralten Abrechnungen meiner Beitragszahlungen noch im Keller hatte. Damit konnte ich der Rentenkasse zusätzliche Zahlungen nachweisen. Und habe nun einen höheren Rentenanspruch.“

Sehr unterschiedlich gehen die Landesrundfunkanstalten mit der Meldung von Arbeitstagen um. Oftmals wird jeder Tag einzeln abgerechnet – auch mit der gesetzlichen Krankenversicherung. Dann ist man zwar vier Wochen lang versichert. Aber nur an diesem einen Tag Mitglied der Krankenkasse. Das kann zum Problem werden, wenn man Rentner wird. „Denn wer“, so erläuterte der zweite Moderator Manfred Kloiber, „nicht nachweisen kann, dass er an 90 Prozent der Tage in der zweiten Hälfte seines Erwerbslebens gesetzlich krankenversichert war, der kommt nicht in die Krankenversicherung der Rentner und muss sich dann privat oder freiwillig versichern.“

Deshalb kann es wichtig sein, sich als „unständig Beschäftigte“ einstufen zu lassen. „Ich rate dazu in den meisten Fällen“, erläuterte Jasmin Schäfer vom Personalservice des WDR, „denn dann bleibt man drei Wochen nach einem Arbeitstag Mitglied der Krankenkasse. Der Nachteil ist aber, dass die Beiträge etwas höher sind.“

Und es kann passieren, wenn in diesen drei Wochen nicht ein neuer Arbeitstag gemeldet wird, dass man plötzlich nicht mehr versichert ist und vom Arzt gar nicht mehr behandelt wird. „Das war ein großer Schock“, berichtete eine Kollegin des Hessischen Rundfunks, besonders, wenn man als „Mutter von zwei Kindern“ auch für die beiden Verantwortung hat, die aber auch nicht mehr versichert sind. Diese  Probleme treten auch auf, wenn Redaktionen ihre Honorarzahlungen ein paar Tage liegen lassen und die Meldung des Arbeitstages zu spät erfolgt.

Copyright: WDR/Taimas Ahangari
Copyright: WDR/Taimas Ahangari

Manfred Kloiber kritisierte die überaus komplizieren  versicherungsrechtlichen Regelungen als „Mogelpackung zu Lasten der Freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“.  Alle Sender wüssten schließlich, dass diese über 18.000 Leute in Deutschland als dauerhafte Beschäftigte im Einsatz sind: „Vor allem die Politik ist gefordert, endlich für einheitliche und klare Regelungen im Bereich der Sozialversicherung zu sorgen. So kann es einfach nicht weitergehen.“

Im Bereich des Bestandsschutzes dagegen scheinen ARD-weite Reglungen unmöglich. Die Diskussion im Panel zeigte, dass jeder Sender unterschiedlich vorgeht, wenn freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weniger oder gar nicht mehr beschäftigt werden. Der Mitteldeutsche Rundfunk zahlt Honorare nur vorübergehend weiter, wenn jemand mindestens 20 Jahre durchgängig beschäftigt war. Beim RBB verhandeln Gewerkschaften und Sender noch um entsprechende Vereinbarungen. Und der WDR bietet nach mindestens 5 Jahren Beschäftigung eine Abfindung an. „Das liegt ganz einfach daran“, erläuterte Franziska Grimm vom WDR-Personalservice, „dass das Regelungen in Tarifverträgen sind. Und die sehen in Köln eben anders aus als in Stuttgart, Leipzig oder Berlin.“

Am Ende gibt es nur ein Signal, das von diesem Panel an alle Freien gesendet wird. Anja Arp: „Man kann sich nicht genug Beratung einholen. Egal, ob in Personalabteilungen oder bei Personalräten, bei den Versicherungen oder Rentenkassen oder auch bei neutralen Experten. Jeder muss sich für sich selbst um die beste Altersversorgung kümmern, damit es kein böses Erwachen gibt.“

Autor: Uwe Dietz, WDR

Podium 1: Unsicher, unterbezahlt, unzufrieden – Freie ohne Zukunft?

Die ARD steht vor der wohl größten Herausforderung ihrer Zeit! Mit diesen Worten hat WDR-Intendant Tom Buhrow zu Beginn des diesjährigen ARD-Freienkongresses im WDR-Funkhaus in Köln die derzeitige Situation des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beschrieben.

Egal wie die Empfehlung der KEF für die nächste Beitragsperiode ausfalle, sei es danach äußerst fraglich, ob die Bundesländer ihr zustimmten.

Dennoch versicherte der WDR-Intendant, dass Freie im öffentlich-rechtlichen Rundfunk weiter eine zentrale Rolle spielen werden.

Copyright: WDR/Taimas Ahangari

Aber wie sieht diese Rolle aus?

Jede/r dritte Beschäftigte im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist nicht festangestellt, sondern arbeitet „frei“ und macht hauptsächlich das Programm. Trotzdem sind ihre Jobs nicht sicher, und sie sind oft die ersten, die von geforderten Einsparungen direkt betroffen sind.  Es geht um nicht weniger als 18.500 Kolleginnen und Kollegen.

Daraus resultiert bei ihnen eine enorme Unzufriedenheit, berichtet Christoph Reinhardt von der rbb-Freienvertretung. Viele Kolleginnen und Kollegen vermissten Wertschätzung ihres Auftraggebers und sprächen sogar von Geringschätzung. 

Copyright: WDR/Taimas Ahangari

Doch woher stammt diese Unzufriedenheit?

Für Dr. Katrin Vernau, WDR-Verwaltungsdirektorin, sind die Freien in der ARD nicht wegzudenken. Allerdings müssten sie sich weiterentwickeln. Tarifverträge seien zum Teil veraltet und müssten mit den Gewerkschaften zukunftssicher gestaltet werden.

Tatsächlich verhandelt der WDR derzeit mit den Gewerkschaften über einen neuen Honorarrahmen für Freie. Nach ersten Entwürfen zeigt der jedoch, dass auf viele Freie erhebliche Einkommensverluste zukommen würden.

Und das, obwohl sich freie Journalistinnen und Journalisten ständig weiterbilden und weiter entwickeln, berichtet Stephanie Hajdamowicz, Freie im WDR und stellvertretende Personalratsvorsitzende. Sie hat für den ARD-Freienrat die Moderation der Auftaktveranstaltung übernommen. Weniger Geld der Beitragszahler führe zu weniger Programm, und das bedeute weniger Geld für die Programm-gestaltenden Kolleginnen und Kollegen.

Viele Freie wünschten sich daher, dass die ARD-Intendanten noch stärker in die Pflicht  genommen werden, sagt Matthias von Fintel, Bereichsleiter Medien, Journalismus und Film bei der Gewerkschaft Verdi. Diese müssten noch vehementer für eine ausreichende Finanzierung eintreten und bei den Bürgern stärker kommunizieren, was diese für ihr Geld eigentlich bekämen.

Copyright: WDR/Taimas Ahangari

Eine Forderung, die auch durch mehrere Redebeiträge aus dem Publikum unterstrichen wurde.

Im europäischen Vergleich steht der öffentlich-rechtliche Rundfunk beim Thema Unabhängigkeit noch ganz gut da. Das sagt zumindest Petra Kammerevert, die Vorsitzdende des WDR-Programmausschusses und Mitglied des Europäischen Parlaments. Dennoch ist die Politikerin der Meinung, dass die alte Parole der ARD – „Wir sparen überall, nur nicht am Programm“ –  nicht mehr haltbar sei. Wenn dann Sendungen eingestellt werden, träfe das natürlich auch Freie. Auch wenn Rundfunkrat und Programmausschuss keine Möglichkeit hätten über Honorare für Freie mitzureden, so hätten die Gremien sehr wohl im Blick, dass Arbeitsverdichtung gepaart mit Unzufriedenheit zu Lasten der Qualität geht.

Copyright: WDR/Taimas Ahangari

Harte Arbeitsbedingungen, die sich wahrscheinlich in absehbarer Zukunft noch verschlimmern könnten. Für etwas Sicherheit würde da sorgen, wenn alle Sender ihren Freien zumindest die Sorge vor Jobverlusten nehmen könnten. So fordert Christoph Reinhardt von der rbb-Freienvertretung Kündigungs- und Bestandsschutz für programmgestaltende Freie. Dass so etwas geht, haben andere Sender, wie etwa der SWR, bereits vorgemacht.

Autor: Stephan Hackenbroch

Welche Zukunft haben Freie in der ARD? Freienkongress 2023 – jetzt anmelden!

Welche Zukunft haben Freie angesichts der Sparvorhaben in der ARD? Und wie geht es mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk weiter? Nach zwei virtuellen Kongressen wollen wir uns endlich wieder in Präsenz austauschen und mit den Verantwortlichen aus Politik und Sendern diskutieren.

Dazu haben wir Freie in der ARD den

Freienkongress 2023
am 13. und 14. Oktober 2023
im WDR Funkhaus in Köln

organisiert. Nun steht auch das Programm und es ist mit interessanten Inhalten und hochkarätigen Teilnehmern hoffentlich Motivation für Eure Teilnahme. Der Kongress beginnt am Freitag, den 13. Oktober 2023, mit einer Diskussion zur Zukunft freier Mitarbeit im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, u.a. mit WDR-Verwaltungsdirektorin Katrin Vernau und der Vorsitzende WDR-Programmausschusses, Petra Kammerevert, Mitglied des Europäischen Parlaments, beinhaltet zahlreiche Workshops zu verschiedensten Freienthemen und schließt am Samstag ab mit einer Diskussion zur Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, u.a. mit dem WDR-Programmdirektor Information Jörg Schönenborn, dem DJV-Vorsitzenden Frank Überall und Vertretern aus der Politik. Dazwischen gibt es jede Menge Gelegenheit zum individuellen Austausch und Information – das ausführliche Programm findet Ihr hier:

Die Anmeldung ist über folgenden Link möglich:

https://www.events.wdr.de/ardfreienrat

oder über den QR-Code in der Einladung:

Die Teilnahme ist kostenlos. Fahrtkostenzuschüsse sind möglich.

Euer ARD-Freienrat

rbb-Kürzungspläne: Nicht auf dem Rücken der Freien!

Die Interimsintendantin des Rundfunk Berlin Brandenburg (rbb), Katrin Vernau, hat für ihren Sender ein umfassendes Kürzungspaket vorgelegt. Bis Ende 2024 soll der rbb u. a. 100 Stellen abbauen und rund 49 Millionen Euro einsparen, darunter 21 Millionen Programmmittel. Damit will Vernau die Misswirtschaft unter der Schlesinger-Geschäftsleitung korrigieren. Die finanziellen Folgen müssen allerdings vor allem die Freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tragen. Der ARD-Freienrat fordert, auf betriebsbedingte Beendigungen zu verzichten:

Angesichts der im vergangenen Jahr bekannt gewordenen Misswirtschaft und der angeschlagenen finanziellen Lage ist eine Neuaufstellung des rbb nicht nur in personeller, sondern auch in finanzieller Hinsicht unausweichlich. Am Ende des Prozesses muss deutlich werden: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk steht nicht für Spitzengehälter, Ruhegeld-Exzesse und die Verschwendung von Rundfunkbeiträgen. Er dient nur dem einzigen Zweck, sein Publikum mit einem zuverlässigen, vertrauenswürdigen Programm zu versorgen – unabhängig von politischen und wirtschaftlichen Interessen.

Wenn der rbb zu diesem Zweck Doppelstrukturen abbaut, mehr Zusammenarbeit mit anderen Sendern sucht oder nicht mehr benötigte Flächen abgibt, ist das nicht zu beanstanden. Der völlig falsche Weg wäre es aber, ausgerechnet am Kernauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu sparen: An den Programmangeboten und denen, die sie herstellen!

Der ARD-Freienrat begrüßt ausdrücklich, dass die rbb-Intendantin den angestellten Beschäftigten zugesagt hat, auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten und den geplanten Stellenabbau sozialverträglich zu gestalten. Dies muss auch für die freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gelten, insbesondere für die mehr als 1400 arbeitnehmerähnlichen Freien des rbb! Sie sind nicht nur wirtschaftlich abhängig und sozial schutzbedürftig, sondern müssen in der Regel mit deutlich geringeren Einkommen als ihre angestellten Kolleginnen und Kollegen zurechtkommen. Erst ihre Arbeit ermöglicht es dem Sender überhaupt, seinen öffentlich-rechtlichen Auftrag zu erfüllen.

Wir fordern für unsere freien Kolleginnen und Kollegen eine verbindliche Zusage der rbb-Intendantin, dass sie wie bei den Angestellten auf betriebsbedingte Beendigungen und Einschränkungen verzichtet und einen möglichen Abbau von freier Beschäftigung sozialverträglich gestaltet. Während der rbb Spitze war bei Verschwendung und AT-Gehältern, liegt er bei den Rechten der Freien im ARD-Vergleich weit zurück. Faire Honorare und eine zuverlässige Beschäftigungssicherung für langjährige arbeitnehmerähnliche Freie sind kein Luxus, den man sich in Krisenzeiten nicht leisten will. Sie sind die Basis für ein vertrauenswürdiges Programm.

Die freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des rbb waren weder an den Machenschaften der Schlesinger-Geschäftsleitung beteiligt, noch haben sie davon profitiert. Die Folgekosten ausgerechnet auf die Schwächsten abzuwälzen, würde die Akzeptanzkrise des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht lösen, sondern nur noch vertiefen.

Mit mehr Mitbestimmung und modernerem Personalmanagement aus der Krise

Gemeinsame Erklärung der ARD/ZDF-/Deutschlandradio-Personalratsvorsitzenden und des ARD-Freienrates

Eine stärkere Mitwirkung der Beschäftigten und ein besseres Personalmanagement fordern die ARD-/ZDF-Personalratsvorsitzenden und der ARD-Freienrat als Lehren aus der ARD-Krise. „Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist ein Garant für die Freiheit und Zuverlässigkeit der Information aller Bevölkerungsschichten und zwar unabhängig von kommerziellen und politischen Interessen. Dazu muss der Bedarf an Personal transparent offengelegt und finanziert werden. Die Beschäftigung der ständigen freien Mitarbeitenden, die einen wesentlichen Teil der Inhalte liefern, muss dabei in Anstellungsverhältnisse umgewandelt oder auf eine vergleichbar verlässliche Grundlage gestellt werden“, erklärten sie in Berlin. Dazu gehört auch, dass freie Mitarbeitende, die vielfach Schulter an Schulter die gleiche Arbeit mit Angestellten verrichten, ebenso die allgemein üblichen demokratischen Mitbestimmungsrechte in den Personalräten aller Rundfunkanstalten erhalten. Als Korrektiv und Kontrollinstanz sollte die Sicht der Mitarbeitenden stärker Eingang in die Rundfunk- und Verwaltungsräte finden, erklärten die Personalratsvorsitzenden und der ARD-Freienrat, der sich für die Interessen der rund 18.000 Freien in ARD, ZDF und Deutschlandradio
einsetzt.

Die ARD-/ZDF-/Deutschlandradio-Personalratsvorsitzenden und der ARD-Freienrat